Musik h�rt, dann

soll man die Sonne

sehen, das Meer

und den Wind"

Gloria Estefan zieht ihr Strickj�ckchen fester um ihren zarten K�rper. Sie ist klein, besser gesagt: winzig. Im ansonsten knallhei�en Miami werden Innenr�ume auf Wei�weintrinktemperatur gek�hlt. Auch nicht gerade herzerw�rmend: die schlimmsten Situation ihres Lebens. Als Teenager hat sie ihren kranken Vater bis zu seinem Tod gepflegt. Nach einem Unfall mit dem Tourbus war ihre Wirbels�ule gebrochen, sie musste m�hsam wieder laufen lernen, hat noch jetzt Titanplatten im R�cken. Mit ihrem Speedboot rammte sie einen Jetski. Der Fahrer wurde von der Schiffsschraube zerfetzt. Und dann sind neulich auch noch ihre vier Mini-K�ngerus tot umgefallen. "Jemand hat das Tor offen gelassen. Zwei fremde Hunde kamen aufs Grundst�ck, haben sie angebellt und damit zu Tode erschreckt. Diese Tiere haben einen besonderen Mechanismus: Wenn sie denken, sie sind in Gefahr � und das m�ssen sie blo� denken � dann sch�tten sie ein Gift aus und bringen sich damit selbst um. Bumms, das war�s. Oh mein Gott! Das war schrecklich! Schrecklich! Schrecklich! Ganz schlimm!"

Genug davon. Gloria Estefan glaubt, dass man allein durch die Kraft der Gedanken Dinge wahr werden lassen kann. Deshalb zwingt sie sich, an Sch�nes zu denken. Das Sch�nste, was sie sich vorstellen kann, ist Musik. Sie h�rt sie nicht nur, sie sieht sie, in den schillerndsten Farben. Auf ihrem neuen Album, dem spanisch gesungenen "Alma Caribe�a" (epic) ist ein Song ozeanblau, ein anderer ist pfirsichfarben und gegen Ende rot. "Wenn man diese Musik h�rt, dann soll man die Sonne sehen, das Meer, den Wind � das ist die Idee. Warme N�chte, viel Leidenschaft, auch Drama." �ber ein hochdramatisches Thema hat sie vorher noch nie gesungen: "Betrug. Ein Song ist pure Fiktion. Da geht es um eine lateinamerikanische Frau, die gesteht, dass sie eine Aff�re hatte � und der Mann vergibt ihr! Das wird in der Realit�t sehr schwer zu finden sein. Wir dachten: Soll er ihr doch vergeben! Warum nicht? Menschen machen eben Fehler. Und so soll es doch sein, wenn man jemanden liebt: Man macht einen Fehler, man ist ehrlich ... � und man verzeiht."

So soll es sein. Gloria wei� das. Sie ist seit 22 Jahren mit Emilio Estefan gl�cklich. Sie kann Tipps f�r eine gute Ehe geben: "Erst einmal muss mann verliebt sein. Man muss den anderen wirklich, wirklich lieben. Es sollte klar sein, dass man zusammen bleibt und sich nicht beim ersten Anzeichen von �rger davonmacht. Es gibt im Leben Aufs und Abs, da muss man sich durchk�mpfen. Meistens bleibt alles, was mit Kommunikation zu tun hat, an der Frau h�ngen. M�nner sind eine Spezies, die nicht freiwillig Informationen rausr�ckt, schon gar nicht �ber Gef�hle. Wenn du meinst, irgendetwas ist nicht okay, dann solltest du dar�ber reden. Du musst die andere Person immer mit Liebe sehen. Nicht denken: Okay, ich bin verheiratet, das w�re geschafft, ich lasse mich jetzt gehen, ich k�mmere mich nicht mehr. Ehe ist kein M�rchen. Sie muss immer wieder aufgefrischt werden.

"Ich bin sehr

sentimental. Mich

bringt sogar das

Werbefernsehen

zum Heulen"

Emilio machte sie zur S�ngerin seiner Band, die Karriere der Miami Sound Machine begann. Nach vier spanischsprachigen Platten hatte die Combo 1984 ihren ersten Hit: "Dr. Beat". Es folgten "Conga" und "Rhythm Is Gonna Get You". Latino-Elemente, angereichert mit Pop, Kuba-Rhythmus mit Funk-Bass � diese Melange brachte den Erfolg. Die Estefans schufen den Miami-Sound: schnell, mitreisend, tanzbar, treibend.

Aber ab 1989 sang Gloria solo. Ein Weg, den sie nicht bereuen muss. �ber 70 Millionen Platten wurden mit ihrem Namen verkauft und Emilio betreut als Produzent unter anderem die Latin-Weltstars Ricky Martin und Jennifer Lopez. Und das ist noch l�ngst nicht alles. Mittlerweile betreibt die Familien-Firma auch Hotels und Restaurants.

"F�r mich ist das, als w�rde ich Monopoly spielen," strahlt Gloria. Parkstra�e und Schlossallee, kein Problem ... �ber 700 Angestellte ern�hrt das Estefan-Imperium, bald sollen es mehr als 1000 sein. �ber ihr Lokal "Bongos" in Disneyworld kann sie sich besonders freuen: "Gro�artig: kubanische Kultur im amerikanischsten Teil der USA: Minnie und Micky essen Tortilla und Enchilada � cool!"

Weniger cool findet die Exilkubanerin allerdings den Cohiba-Kommunisten, der ihre Heimat rigide regiert: "Fidel Castro muss eines Tages tot umfallen. Darauf wartet jeder. Er ist alt, aber er l�uft, l�uft und l�uft. Und macht nur �rger!" Gloria kann sich gar nicht beruhigen: "Es ist doch frustrierend, dass Touristen die ganze Sch�nheit Kubas genie�en k�nnen, nur die Einheimischen nicht. Sie d�rfen weder an den Strand, noch in die Hotels, die Discos, die Touristen-Restaurants." Sie selbst kann nicht zur�ck. "Ich werde als �subversiv� angesehen. Man w�rde mich nicht reinlassen."

Bei aller Aufregung und �u�erst lebendiger Mimik bleibt Glorias Gesicht v�llig faltenfrei. Immerhin ist sie 42, hat einen erwachsenen Sohn (er ist 20 und studiert in L.A. Film) und eine f�nfj�hrige Tochter. Angst vor dem �lterwerden? Gar nicht. "Man wird immer �lter oder man stirbt � da scheint mir �lter werden die bessere Alternative."